Der Green New Deal sollte eigentlich den Umbau in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft herbeiführen. Mit ihm sollte die Umstellung unserer auf Erdöl basierenden Wirtschaft hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft, die nicht die eigene Ressourcenbasis vernichtet, gelingen.
Eine Möglichkeit dahin ist die Effizienzsteigerung. Durch neue technische Innovationen sollte der Ressourcenverbrauch bei gleichbleibender Leistung sinken. Doch wie kommt es, dass wir uns dann immer weiter von einer nachhaltigen Wirtschaft entfernen? Dieser Artikel geht dem Rebound-Effekt auf den Grund.
Was ist der Rebound-Effekt?
Eine Antwort darauf ist der Rebound Effekt, der auch als Jevon’s Paradoxon bekannt ist. Der englische Ökonom William Stanley Jevons schrieb 1865 in seinem Werk The Coal Question über seine beunruhigenden Forschungsergebnisse. Er hatte den Auftrag den Kohleverbrauch Englands zu analysieren, da dieser für die Dampfmaschinen und die galoppierende Industrialisierung lebenswichtig war. Denn ohne ausreichend Kohle können die Dampfmaschienen in den Webereien, Spinnereien oder in der Stahlindustrie nicht laufen. Er kam zu dem Ergebnis, dass trotz immenser Effizienzsteigerungen der Dampfmaschinen der Kohleverbrauch in die Höhe schnellte. Das Einsparpotential der neuen Dampfmaschinen wurde durch die Zunahme von Dampfmaschinen wieder aufgefressen.
Wie verhindert der Rebound-Effekt den Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft?
Mit dem Rebound-Effekt wird die Entkopplung von Effizienz und Ressourcenverbrauch beschrieben. Durch die Effizienzsteigerung müsste eigentlich der Energiebedarf sinken, weil die Maschinen mit weniger Energie die gleiche Leistung erbringen. In der Praxis nimmt aber der Energiebedarf der Gesellschaft nicht zusammen mit der Effizienzsteigerung ab. Der Energiebedarf bleibt weiterhin auf hohem Niveau.
Energieverbrauch in Deutschland bleibt trotz effizienter Geräte konstant
Im 19. Jahrhundert war die Nachhaltigkeit noch nicht auf der politischen Agenda. Dies hat sich inzwischen geändert. Doch obwohl eine nachhaltige Wirtschaft überall gefordert wird, ändert sich nur langsam etwas. Ein Indikator dafür ist der Energieverbrauch der privaten Haushalt (elektrische Energie, Warmwassser und Heizung). Hier der Jahresvergleich von 2003 bis 2018 in Petajoule (1 Petajoule = 1015 Joule):
Jahr | Energie in Petajoule |
2003 | 2645 |
2005 | 2696 |
2007 | 2652 |
2009 | 2649 |
2011 | 2611 |
2013 | 2463 |
2015 | 2559 |
2017 | 2584 |
2018 | 2703 |
Daten: Destatis Datenreport 2021
Der Energieverbrauch schwankt in einem engen Korridor zwischen 2559 Petajoule im Jahr 2015 und 2703 Petajoule im Jahr 2018. Die Effizienzsteigerung durch energetische Sanierung von Gebäuden und durch immer effizientere Elektrogeräte führt nicht zu einem verringerten Energieverbrauch. Solange diese Energie nicht aus Erneuerbaren kommt, muss für eine nachhaltige Wirtschaft der Energieverbrauch sinken. Doch wieso sinkt der Energieverbrauch nicht durch die Effizienzsteigerungen?
Rebound-Effekt kompensiert Effizienzsteigerung
Mit steigender Effizienz verändern sich auch die Nutzungsgewohnheiten vieler Menschen. Wenn ein energieeffizienter Kühlschrank nicht mehr die Stromrechnung in die Höhe treibt, bleibt wieder mehr Geld für andere Elektrogeräte übrig. Es ist gar nicht so einfach Geld zu sparen, ohne es gleich wieder an anderer Stelle auszugeben. Deswegen habe ich mal einen Artikel geschrieben, wie uns psychologische Tricks beim Sparen helfen.
Ein anderes Beispiel betrifft das Autofahren: ein alter Wagen wird verkauft und durch einen effizienten Neuwagen ausgetauscht. Statt jetzt jeden Monat Geld durch den geringeren Spritverbrauch zu sparen, wird jetzt das neue effiziente Auto mehr gefahren (es ist ja so super sparsam!). Unter dem Strich wird am Ende des Monats genauso viel Benzin verfahren wie mit dem alten Auto – nur jetzt werden mehr Kilometer gefahren.
Steigende Ansprüche an Konsumgüter führen zu steigendem Ressourcenverbrauch
Der steigenden Ressourcenverbrauch lässt sich in vielen Bereich der Gesellschaft beobachten. Es ist nicht nur das Nutzungsverhalten, sondern auch die Ansprüche an neue Produkte ändern sich. Die deutsche Automobilindustrie ist ein gutes Beispiel. Hier lässt sich der Rebound-Effekt am Beispiel des VW Golf zeigen. Seit den 70er Jahren gibt es mittlerweile den Golf – wie hat sich die Effizienzsteigerung auf die Entwicklung neuer Modelle ausgewirkt?
Rebound-Effekt beim VW-Golf
Aufgrund seiner Geschichte lässt er sich gut vergleichen. Ich habe hier die technischen Daten aufgelistet, jeweils das leistungsmäßig kleinste und größte Modell der jeweiligen Baureihe mit Benzin-Motor.
VW Modell | Baujahr | Leistung (in PS) | Verbrauch (in l) |
Golf I | 1974-1983 | 50 – 112 PS | 8,7 – 10,1 l |
Golf II | 1983-1992 | 45 – 160 PS | 8,1 – 10,3 l |
Golf III | 1991–2001 | 54 – 190 PS | 8,4 – 11,9 l |
Golf IV | 1997 –2003 | 68 – 204 PS | 7,0 – 11,7 l |
Golf V | 2003–2009 | 75 – 250 PS | 7,7 – 11,1 l |
Golf VI | 2007- 2013 | 80 – 271 PS | 8,3 – 10,4 l |
Golf VII | 2012 – 2020 | 86 – 310 PS | 5,7 – 10,1 l |
Golf VIII | seit 2019 | 90 – 333 PS | 6,6 – 9,9 l |
Daten: autokostencheck.de
Daraus ist zu sehen, dass von 1974 bis 2019 der Verbrauch beim kleinsten Modell mit Benzinmotor um 2,1 l zurück ging – das entspricht einer Einsparung von knapp 14%. Die Leistung hingegen vergrößerte sich um 80% in der kleinsten und um satte 297% in der größten Version.
Das Optimierungsziel von VW bei neuen Golf-Modellen ist also vorrangig die Motorleistung – denn hier sind die Zuwächse am größten.
Optimierungsziel: Mehr PS statt weniger Verbrauch
Die Ersparnis im Benzinverbrauch führte also zu immer leistungsstärkeren Motoren. Der Effizienzgewinn wird durch zusätzliches Gewicht und energiehungrige Ausstattungskomponenten wie beispielsweise Klimaanlage, Sitzheizung oder elektrische Kofferraumklappe wieder aufgefressen. Der technische Fortschritt führt hier nicht zur Ressourceneinsparung, sondern zu einem Aufblähen anderer Komponenten bei konstantem Ressourcenverbrauch. Dies kann natürlich nur so lange gut gehen, wie die Zahl der gekauften Autos nicht weiter steigt. Aufgrund der steigenden Konsummöglichkeiten aufstrebender Schwellenländer ist davon allerdings nicht auszugehen.
Wie kann der Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft funktionieren?
Der Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft muss über verschiedene Ebenen erfolgen. Neben der Änderung verschwenderischer Lebens- und Konsumstile auf Seiten von uns Verbraucherinnen und Verbrauchern muss auch die Wirtschaft mit Gesetzen in eine nachhaltige Entwicklungsrichtung gedrängt werden. Das oberste Ziel einer nachhaltigen Wirtschaft ist der Schutz der Umweltressourcen. Diesem Ziel muss sich auch unser Konsumverhalten unterordnen. Was dies genau bedeutet wird anhand der Definition der Nachhaltigkeit im gewichteten Dreisäulenmodell genauer beschrieben.
Förderung nachhaltiger Konsumstile
Hier ist also ein anderer Konsumstil gefragt. Kundinnen und Kunden sollten dazu übergehen, treibstoffarme Autos nachzufragen. Ein Fokus der Optimierung mit Ziel der Treibstoffsenkung hätte uns wahrscheinlich bereits ein breitenwirksames Ein-Liter-Auto mit akzeptablen Leistungswerten beschert.
Für den Bereich des Verkehrs könnte folgende Anreize die nachhaltige Mobilität fördern:
- Ausweitung der Umweltzonen in den Städten
- Erhöhung der Steuern für PS-starke Autos / Senkung der Steuern für energieeffiziente Autos
- Förderung von Car-Sharing
- Ausbau vom ÖPNV bei gleichzeitigem Ausbaustopp für neue Straßen
Andere Möglichkeiten von uns Konsumenten und Konsumentinnen den Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu fördern, sind in dem Artikel über nachhaltig Leben im Alltag beschrieben.
Gesetze zur Förderung des Umbaus zu einer nachhaltigen Wirtschaft
Der größten Hebel zur Förderung der Effizienz in der Wirtschaft ist der CO2-Handel. Je mehr CO2 ein Wirtschaftsbetrieb ausstößt, desto mehr CO2-Verschmutzungsrechte mussten gekauft werden. Allerdings wurden bislang die CO2-Verschmutzungsrechte zu einem zu geringen Preis abgegeben. Dadurch blieb die erhoffte Steuerungsfunktion bislang aus.