Die Schifffahrt ist ein bedeutender Verursacher von CO₂-Emissionen. Doch innovative Technologien wie der Flettner-Rotor bieten neue Möglichkeiten, den Treibstoffverbrauch zu senken und die Umwelt zu schonen. Der Rotor-Segler nutzt zusätzlich zur Motorleistung die Windkraft zum Antrieb des Schiffes.
In der Hafeneinfahrt von Rostock habe ich immer wieder die beiden Rotor-Segler bestaunt, die mit ihren mächtigen Säulen auf dem Schiffsdach Verwunderung und Neugierde auslösen. Bei den Säulen handelt es sich um Flettner-Rotoren, die die Kraft der starken Winde auf See nutzen und zusätzlichen Schub für die Schiffe erzeugen.
Was ist ein Flettner-Rotor?
Der Flettner-Rotor ist ein rotierender Zylinder, der auf Schiffen installiert wird, um den sogenannten Magnus-Effekt zu nutzen. Wenn Wind auf den rotierenden Zylinder trifft, entsteht eine Druckdifferenz, die eine seitliche Kraft erzeugt und das Schiff vorantreibt. Dieses Prinzip wurde bereits in den 1920er Jahren vom deutschen Ingenieur Anton Flettner entwickelt, geriet jedoch mit dem Aufkommen günstiger fossiler Brennstoffe in Vergessenheit. Erst in den letzten Jahren erlebt die Technologie eine Renaissance im Zuge der Bemühungen um nachhaltigere Antriebssysteme.
Scandlines: Pionierarbeit mit Rotor-Segeln
Scandlines hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 emissionsfrei zu fahren. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist die Nachrüstung der Hybridfähren „Copenhagen“ und „Berlin“ mit Rotorsegeln der finnischen Firma Norsepower.

Diese 30 Meter hohen, rotierenden Zylinder ergänzen den Diesel- und Batterieantrieb der Schiffe und nutzen die auf der Route zwischen Rostock und Gedser vorherrschenden Seitenwinde optimal aus. Durch den Einsatz der Rotorsegel können die CO₂-Emissionen der Fähren im Durchschnitt um 4 bis 5 Prozent reduziert werden. An besonders windreichen Tagen sind sogar Einsparungen von bis zu 20 Prozent möglich. Bei optimalen Windverhältnissen mit 20 m/s quer zur Fahrtrichtung liefert der Flettner-Rotor eine Vortriebsleistung, die etwa 3000 – 4000 kW Motorleistung entspricht.
Vorteile des Flettner-Rotors
- Kraftstoffeinsparung: Durch die zusätzliche Windkraftunterstützung kann der Treibstoffverbrauch signifikant gesenkt werden.
- Reduzierte Emissionen: Weniger Treibstoffverbrauch führt zu geringeren CO₂-Emissionen, was zur Verbesserung der Umweltbilanz beiträgt.
- Nachrüstbarkeit: Bestehende Schiffe können mit Rotorsegeln ausgestattet werden, ohne dass ein kompletter Neubau erforderlich ist.
- Einfache Integration: Die Technologie lässt sich relativ unkompliziert in den Schiffsbetrieb integrieren und erfordert keine umfangreichen Änderungen am Schiffskörper.
Herausforderungen und Grenzen
- Abhängigkeit von Windrichtung und -stärke: Die Effizienz des Flettner-Rotors ist stark von den Windverhältnissen abhängig. Bei Gegen- oder Rückenwind ist der Nutzen begrenzt.
- Platzbedarf: Die Rotorsegel benötigen Platz an Deck, was insbesondere bei Passagierschiffen zu Einschränkungen führen kann.
- Lärm: Die Rotation der Zylinder erzeugt Geräusche, die von Passagieren als störend empfunden werden könnten.
Infografik: Funktionsweise des Flettner-Rotors
Wie genau funktioniert ein Rotor-Segel auf einem Schiff? Das Rotor-Segel nutzt den Magnus-Effekt für den Vortrieb des Schiffes.

Ein Rotor-Segel nutzt die Seitenwinde auf dem Meer, um dem Schiff eine zusätzlichen Vortrieb zu geben. Der Wind trifft seitlich auf das rotierende Rotor-Segel und strömt am Rotor entlang. Dabei teilt er sich in zwei Strömungsrichtungen. Bei der Strömung entlang des Rotors zur Schiffsvorderseite wird der Wind beschleunigt, weil die Drehrichtung des Rotor-Segels auch der Windrichtung entspricht. An dieser Stelle entsteht ein Unterduck (grüner Bereich). Auf der gegenüberliegenden Seite des Rotors wird der Wind abgebremst, weil der Rotor sich gegen die Windrichtung dreht. Hier staut sich der Wind und es entsteht ein Überduck (roter Bereich).
Über- und Unterdruck am Rotor-Segel
Ähnlich zu den Druckunterschieden an dem Flügelprofil einer Windkraftanlage entstehen auch am Rotor-Segel verschiedene Druckzonen. An der Vorderseite zur Schiffsspitze entsteht durch den beschleunigten Wind ein Unterdruck, der das Schiff in Fahrtrichtung zieht (= Sogkräfte).
An der Rückseite bildet sich ein Unterdruck (= Staudruckkräfte), der das Schiff in Fahrtrichtung schiebt.

Fazit
Der Einsatz von Flettner-Rotoren in der Schifffahrt stellt eine vielversprechende Möglichkeit dar, den Treibstoffverbrauch und die CO₂-Emissionen zu reduzieren. Die Anfänge von Rotor-Segeln auf Schiffen reichen zurück bis in die 1920er Jahre, gerieten dann aber aufgrund billiger Kraftstoffe in Vergessenheit.
Scandlines zeigt mit der Nachrüstung ihrer Hybridfähren, wie bestehende Technologien effektiv genutzt werden können, um den Schiffsverkehr nachhaltiger zu gestalten. Während es noch Herausforderungen gibt, insbesondere in Bezug auf Windverhältnisse und Platzbedarf, bietet der Flettner-Rotor eine innovative Ergänzung zu bestehenden Antriebssystemen und einen wichtigen Schritt in Richtung umweltfreundlicherer Schifffahrt.