Widerstandsläufer als Windkraftanlage: Vorteile und Unterschiede zum Auftriebsläufer

widerstandläufer als kleinwindkraftanlage

Als das erste Segel an einem Schiff zur Fortbewegung angebracht wurde, war die Nutzung der Windkraft geboren. Die ersten Windkraftanlagen der Menschheit waren Widerstandsläufer. Was unterscheidet sie von den modernen Auftriebsläufern?

Die einfache Konstruktion von Windkraftanlagen als Widerstandsläufer kompensiert den geringen Wirkungsgrad. Dadurch leisten sie auch heute noch einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Sie stellten die erste Form der Nutzung von Windernergie da. Hier eine kleine Technikgeschichte von der Persischen Windmühle bis zum modernen Savonius-Rotor.

Kleinwindkraftanlage: Widerstandsläufer als Western-Windrad für Wasserpumpen

Auf einer Reise durch das Hinterland von Malta sind sie nicht zu übersehen: Kleinwindkraftanlagen. Doch anders als meisten heutigen Windkraftanlagen, dienen sie nicht der Stromerzeugung. Stattdessen wird die Windkraft zum Antrieb von Wasserpumpen genutzt. Durch die wenigen Niederschläge ist die Landwirtschaft auf zusätzliches Grundwasser zur Bewässerung angewiesen. Die vielblättrigen Windräder mit horizontaler Achse vom Typ Western-Windrad treiben mechanisch eine Kolbenpumpe an. Diese Art des Windenergieanlage wurden 1854 von Daniel Hallada in den USA entwickelt, weshalb sie auch Amerikanische Windräder genannt werden.

Windkraftanlage als Widerstandsläufer auf Malta (Wasserpumpe zur Bewässerung als Western-Windrad)
Windkraftanlage als Widerstandsläufer auf Malta (Wasserpumpe zur Bewässerung als Western-Windrad)

Die einfache Bauweise komplett aus Stahlblechteilen und die robuste Mechanik zur Windnachführung und Sturmsicherung machen einen vollautomatischen Betrieb ohne jegliche Elektrotechnik möglich.

Was ist der Unterschied zwischen Widerstandsläufern und Auftriebsläufern?

Windkraftanlagen nutzen zwei physikalische Prinzipien aus, um die Strömungsenergie des Windes in die Rotationsenergie einer Generatorwelle umzuwandeln. Sie nutzen entweder den Widerstand aus (Widerstandsläufer) – also wie ein Segelschiff vor dem Wind hergetrieben wird – oder sie funktionieren als Auftriebsläufer, wobei auf einer Seite des Flügelprofils ein Unterdruck entsteht (wie bei einem Flugzeugflügel). Beide Typen haben ihre Vor- und Nachteile. Widerstandsläufer sind einfacher und dafür robuster. Auftriebsläufer haben dagegen einen besseren Wirkungsgrad.

Windkraftanlagen als Widerstandsläufer

Weht der Wind gegen ein Hindernis, wird ein Teil der Energie des Windes in Kraft umgewandelt die das Hindernis vor dem Wind herschiebt. Das ist das Prinzip, welches Segelboote nutzen, um die Windenergie für die Antrieb des Schiffes zu nutzen. In Windkraftanlagen wird die Bewegungsenergie der Luftmassen in Bewegungsenergie des Rotors umgewandelt. Bei einem Western-Windrad wird der Winddruck gegen die schräg gestellten Rotorblätter in Rotationsenergie einer Welle übertragen. Dieser treibt dann einen Generator zur Stromerzeugung oder eine mechanische Pumpe an. Auch unsere alten Wind-Getreidemühlen mit den mit Stoff bespannten, schrägen Rotorblättern funktionierten nach dem Widerstandsprinzip.

Windmesser mit Halbschalen als Widerstandsläufer
Windmesser mit Halbschalen als Widerstandsläufer

Die Grafik zeigt die Wirkungsweise eines Halbschalen-Rotors. Diese Form wird oft bei Windmessern für die Messung der Windgeschwindigkeit eingesetzt. Im Gegensatz zum Western-Windrad mit horizontaler Achse, kann die vertikale Achse der Halbschalen von allen Richtungen her angeströmt werden, ohne dass es der Rotor sich immer wieder entlang der Windrichtung ausrichten muss. Dies spart viele Bauteile und damit Produktionskosten.

Was sind Vertikalachser (VAWT) und Horizontalachser (HAWT)?

In der Fachliteratur ist oft die Abkürzung HAWT (Vertical-Axis-Wind-Turbines) und VAWT (Horizontal-Axis-Wind-Turbines) gebräuchlich. Die modernen Windkraftanlagen mit drei Rotorblättern und horizontaler Achse sind  vom Typ HAWT, während viele Kleinwindkraftanlagen VAWT-Anlagen sind. VAWT sind einfacher zu bauen. Generell können aber Auftriebsläufer und Widerstandsläufer sowohl HAWT oder VAWT-Anlagen sein.

Windkraftanalgen als Auftriebsläufer

Auftriebsläufer nutzen den aerodynamischen Auftrieb an einem Flügelprofil, um den Rotor in Drehung zu versetzen. Das Prinzip welches bei Flugzeugen für Auftrieb sorgt, wurde auf Windkraftanlagen übertragen. Ihr Wirkungsgrad ist gegenüber Widerstandsläufern deutlich größer. Sie können mit relativ kleinen, profilierten Rotorblättern eine größere Fläche im Windquerschnitt „ernten“. Dies spart Material, erfordert aber auch eine komplexe Steuerung und Sturmsicherung.

Auftrieb eines aerodynamischen Flügelprofiles einer HAWT / Windkraftanlage mit horizontaler Achse
Auftrieb eines aerodynamischen Flügelprofiles eines Auftriebsläufers / Windkraftanlage mit horizontaler Achse

Wenn der Wind das Rotor-Profil trifft, strömt die Luft an dessen Unterseite ungebremst entlang, während sie an dessen Oberseite durch die Krümmung einen Umweg nehmen muss. Durch den längeren Weg strömt sie schneller, wodurch sich ein Unterdruck aufbaut. Dieser Unterdruck saugt das Rotor-Profil nach „oben“. Bei einer Windkraftanlage mit horizontaler Achse (HAWT) wird der Auftrieb der Rotorblätter durch die sternförmige Anordnung in Rotationsenergie umgewandelt.

Bei beiden Rotortypen kann die Achse entweder in horizontaler oder in vertikaler Ausrichtung angeordnet sein. Die typischen Windkraftanlagen zur Stromerzeugung sind Auftriebsläufer mit horizontaler Rotorachse. Sie haben den besten Wirkungsgrad, sind aber im Aufbau kompliziert und störungsanfällig. Das Western-Windrad ist auch eine Windkraftanlage mit horizontaler Achse. Sie nutzt aber das Widerstandsprinzip. Der Savonius-Rotor ist hingegen ein Vertikalachser und ebenso ein Widerstandsläufer.

Rotortypen von Widerstandsläufern als Windkraftanlagen

Die erste Windkraftanlage wurde vermutlich in China gebaut. Die chinesische Windmühle war wie ein Karussell gebaut. Sie war mit mehreren Segeln ausgestattet, die sich selbstständig nach dem Wind ausrichteten. Die Windkraft wurde dazu genutzt, Wasser für die Bewässerung von Feldern zu pumpen. Bis zurück in das 7. Jahrhundert ist die Existenz der Persischen Windmühle nachgewiesen. Sie ähnelt stark dem Savonius-Rotor. Die Halbschalen waren jedoch als flächige Schaufeln aus einem Holzgerippe gebaut, welches mit Zweigen oder Matten bespannt wurde. Mit ihrer Hilfe wurden Mahlsteine angetrieben.

Querschnitt einer Persischen Windmühle
Querschnitt einer Persischen Windmühle als einer der ersten Windkraftanlagen der Menschheit

Da bei der Persischen Windmühle die Schaufeln von beiden Seiten die gleiche Form hat, muss eine Hälfte des Rotors vor dem Wind geschützt werden. Ansonsten würde der Rotor genauso stark gebremst werden, wie er auf der anderen Seite beschleunigt werden würde. Beim Savonius-Rotor ist dies durch die Halbschalen realisiert: die Halbschale hat einen größeren Luftwiderstand, wenn der Wind in die offene Seite bläst, als andersherum. Der Trichter auf der Windseite des Gebäudes hatte den Effekt, dass mehr Wind auf die Schaufeln gelenkt wird. Es war eine Art Windkonzentrator. Da der Trichter jedoch fest in das Gebäude integriert war, konnte nur der Wind aus einer bestimmten Richtung optimal genutzt werden.

Kleinwindkraftanlagen: Der Savonius-Rotor als moderner Widerstandsläufer

Obwohl Windkraftanlagen als Widerstandsläufer die ersten von Menschen gebauten Maschinen zur Nutzung der Windkraft darstellten, sind sie keine Relikte aus einer vergangenen Zeit. Moderne Widerstandsläufer setzen zwar auf das gleiche Prinzip, wurde aber über die Zeit hinweg stetig optimiert. Der Savonius-Rotor hat den Vorteil, dass auch böige Winde aus unterschiedlichen Richtungen ihm nichts ausmachen. Windkraftanlagen mit horizontaler Achse (HAWT) müssen immer in den Wind gedreht werden. Aus diesem Grund werden sie meist auf großen Türmen gebaut, weil in der Höhe der Wind konstanter weht und weniger oft die Richtung wechselt. Savonius-Windkraftanlagen eignen sich besonders in Bodennähe in der Stadt als Kleinwindkraftanlagen, wo der Wind durch Bäume und Häuser turbulenten Verwirbelungen unterworfen ist.

Verdrillter Savonius-Rotor als Kleinwindkraftanlage in der Stadt (Quelle: Popolon CC BY-SA 4.0)
Verdrillter Savonius-Rotor als Kleinwindkraftanlage in der Stadt (Quelle: Popolon CC BY-SA 4.0)

Auf dem Foto ist ein verdrillter Savonius-Rotor mit zwei Halbschalen-Ringen mit je drei Halbschalen zu sehen. Die verdrehte Form sorgt für einen vibrationsarmen Lauf des Rotors, da in jeder Position des Rotors der Wind auf das gleiche Profil vom Rotor trifft. So erfährt der Rotor bei der Rotation immer ein konstante Beschleunigung.

Savonius-Rotor mit überlappenden Halbschalen im Querschnitt
Savonius-Rotor mit überlappenden Halbschalen im Querschnitt

Die Halbschalen sind zum Zentrum hin offen und versetzt angeordnet. Strömt der Wind in eine Halbschale, so wird dieser in die entgegengesetzte Halbschale umgeleitet und überträgt damit auch auf diese einen Teil der Strömungsenergie. Damit kann der Wirkungsgrad im Vergleich zur Persischen Windmühle noch einmal deutlich gesteigert werden. Diese Merkmale des Savonius-Rotors machen ihn besonders interessant für Kleinwindkraftanlagen im urbanen Raum. Auf Dachkanten oder Flachdächern können sie einen wichtigen Beitrag für die Energiewende leisten.

C-Rotor als Widerstandläufer in Kleinwindkraftanlagen

Der C-Rotor besitzt einige Ähnlichkeiten mit dem Savoniusrotor. Er ist wie ein offener Savoniusrotor mit Leitblechen gebaut. Die Leitbleche leiten de von der Seite anströmenden Wind in die Savonius-Halbschalen (Vorflügel). Auf diese Weise kann auch der Wind genutzt werden, der zwischen den vorderen Rotorblättern hindurch weht und auf die hinteren Rotorblätter auftrifft.

Widerstandsläufer: Profil einer C-Rotor-Windkraftanalage
Widerstandsläufer: Profil einer C-Rotor-Windkraftanalage als Vertikalachser

Erste Belege für diese Windkraftanalge stammen aus Äthiopien. Dort entwickelte Armando Filippini 1972 diesen Rotor zum Antrieb von Wasserpumpen. Deshalb ist er auch als Filippini-Rotor bekannt. Es folgten mehrere Versuche an diesem Rotor – unter anderem an der Universität von Thies im Senegal von Nguyen Duy Vinh (Thies-Rotor). Hier wurden mit unterschiedlich großen Vorflügeln (Savonius-Schalen) und Leitblechen experimentiert. So entstand über einige Zwischenschritte der heutige C-Rotor. Eine gute Übersicht zu diesem Rotor und seine Leistung im Windkanal und in der Computersimulation liefert die Bachelorarbeit von Felix Furtmayr.

Lenz-Rotor als abgewandelter C-Rotor

Der Lenz-Rotor ist ein abgewandelter C-Rotor. Hier wurden die Leitbleiche an die inneren Seiten der Vorflügel angesetzt. Dadurch lassen sich die Rotorblätter viel einfacher herstellen. Im Grunde bestehen sie nur aus der Halbschale (Vorflügel) deren innere Seite als gerade Kante weitergeführt wird. Dadurch wird der gesamte Rotor auch verwindungssteifer und damit robuster und leichter zu produzieren.

Lenz-Rotor in der Draufsicht
Lenz-Rotor in der Draufsicht

Als Verbesserung des Savonius-Rotors hat Ed Lenz in seiner Forschungsarbeit 2007 den Lenz-Rotor beschrieben. Dieser soll circa 40% Wirkungsgrad haben – also viel mehr als der Savonius-Rotor. Ed Lenz experimentierte auch mit Hybrid-Rotoren. Er kombinierte die Vorteile von Darrieus-Rotoren als Auftriebsläufer (hoher Wirkungsgrad) und Savonius-Rotoren als Widerstandsläufer (hohes Drehmoment).

Lenz-Rotor als Kleinwindkraftanlage mit vertikaler Drehachse
Lenz-Rotor als VAWT-Kleinwindkraftanlage (Quelle: Jarosław Zwierzchowski et al. CC BY-4.0)

Vergleich von Widerstandsläufern und Auftriebsläufern

Allgemein betrachtet sind Windkraftanlagen als Widerstandsläufer weniger effizient bei der Umwandlung von Windenergie. Aus diesem Nachteil erwachsen aber auch viele Vorteile: Windkraftanlagen als Savonius- oder C-Rotor sind robust gebaut und brauchen auch keine Bremse als Schutzmaßnahme gegen Sturm. Auftriebsläufer würden bei Sturm bis zur Selbstzerstörung beschleunigen – ohne gute Bremse oder Notabschaltung würden sie nicht lange überleben. Wenn Widerstandsläufer als Vertikalachser gebaut sind, brauchen sie auch keine aufwändige Windnachführung. Dies spart Produktionskosten und reduziert den Aufwand für die Wartung.


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